Mittwoch, 28. November 2012

Winterpalast

Katze Mona hat ihren Winterlieblingsplatz wieder bezogen: das Fusselkissen auf dem Wohnzimmerparkett, von der Fußbodenheizung schön durchwärmt. Madame ist eine eher ängstliche Katze und daher Meisterin der Tarnung (ich bin überzeugt, das Viech kann sich unsichtbar machen).


Das schwarze Kissen kommt ihr also in dieser Hinsicht sehr entgegen. Und der arme Mensch, der abends im halbdunklen Wohnzimmer arglos an diesem Kissen vorbeigeht, erschreckt sich fast zu Tode, wenn das Kissen aufspringt und die Katz mit empört peitschendem Schwanz und unter Protest maunzend das Zimmer verlässt.

Nach fünf Minuten hat sich der menschliche Herzrhythmus wieder stabilisiert, die Katz hat huldvollst vergessen, dass sie beleidigt ist, und kommt angetapst, um sich ein paar - aufgrund des schlechten Gewissens des Dosenöffners großzügig bemessene - Streicheleinheiten und Leckerchen abzuholen.

Ergebnis: Katze zufrieden, Mensch auch. So sehr, dass er gar nicht merkt, wie die Katz ihn gerade wieder manipuliert hat. Cat Rulez The World!

Laubhaufenlaufen

Endlich wieder Wandertag! Aus diversen Gründen hatten Herr Dinktoc und ich an den letzten beiden Terminen nicht dabei sein können; aber am vergangenen Sonntag stürzten wir uns mitsamt der Stammtischwandergruppe optimistisch auf eine ziemlich lange Strecke - fast 18 km - durch den Taunus.


Zugegeben, die letzten zwei, drei Kilometer fielen uns doch recht schwer - in unserem Alter hat man da leicht Fuß, Wade und Oberschenkel, alles gleichzeitig, von der Muskelkatze gepackt und auch noch ein paar Tage später spürbar. Entschädigt wurden wir aber zum einen durch den wunderschönen Anblick des Walds im Spätherbst, besonders wenn die Sonne durch die Wolken guckte. 


Zum anderen gab es reichlich Gelegenheit, auf einem Querfeldein-Stück mal ordentlich den Waldboden zu lüften, will heißen, wie früher, als bekanntlich alles besser war, mit schlurfenden Füßen das Laub hochzuwirbeln und sich dabei köstlich zu amüsieren.  


Wie gut, dass keine Kinder dabei waren, die hätten vermutlich über ihre albernen Altvorderen den Kopf geschüttelt!



Freitag, 16. November 2012

Weltrettung. Mal wieder.

Herr Dinktoc und ich arbeiten in der gleichen Firma. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass ich meist weiß, was Herr D. treibt, wenn er mal wieder in der Weltgeschichte unterwegs ist. Der Nachteil ist, dass die Kollegen wissen, dass ich das weiß, und bei mir anrufen, wenn sie dringend was von Herrn D. wollen.

Gestern also meldete sich eines unserer Büros in Balkanistan: der Kunde benötige allerdringendst die Unterschrift Herrn Dinktocs auf einem superwichtigen Dokument. Und niemand anderer kann unterschreiben, weil Herr D. der von Kunde, Geldgeber und vermutlich auch vom lieben Gott persönlich anerkannte und bestätigte Spezialexperte in diesem Projekt ist. Und es wird selbstverständlich die Originalunterschrift benötigt. Leider befindet sich aber Herr D. noch auf Dienstreise im Vorderen Orient und kommt erst heute am späten Abend nach Hause. Darob ward beim Kunden ein Heulen und Zähneknirschen und der baldige Untergang des Projekts prophezeit. Was also tun? 

Zum Glück gehört Weltrettung zu meinen Kernkompetenzen. Es fiel mir wieder ein, dass ein Kollege vom Balkanistaner Büro zur Zeit auf einer Schulung ist und Samstag, also morgen, von Frankfurt zurück nach Balkanistan fliegen würde. Er wurde kontaktiert und eine Übergabe am Frankfurter Flughafen vereinbart.

Der Kunde wurde genötigt, mir die zu unterschreibenden Dokumente per E-mail zu schicken, auf dass ich sie hier im Büro ausdrucke und sodann nachher mit nach Hause nehme. Außerdem, nach telefonischer Konsultation mit Herrn Dinktoc über den Aufbewahrungsort, begab ich mich in sein Büro, um die Insignien seiner Herrlichkeit und seines Spezialistentums aus der Schreibtischschublade zu entnehmen: die Stempel. Ohne die richtigen Stempel (3 Stück! Drei!) gelten auch die speziellsten Spezialexpertenunterschriften nichts.

Auch die Stempel werde ich mit nach Hause nehmen, auf dass Herr Dinktoc am frühen Samstagmorgen in hoffentlich ausgeschlafenem Zustand die allerhöchstwichtigen Dokumente unterschreiben und stempeln kann.  Samstagnachmittag fahren wir dann die 20 km zum Flughafen, um dem Kollegen die Unterlagen in die Hand zu drücken, damit der Kunde sie schließlich Samstagabend in Balkanistan auf dem Tisch hat.

Unternehmen Weltrettung mal wieder erfolgreich bewältigt. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss mich kratzen gehen: die Engelsflügelansatzstellen jucken nämlich.
  

Montag, 29. Oktober 2012

Odenwälder Erkenntnisse

An einem sonnigen Sonntagmittag die Familie des Herrn Pathologen in ihrer Odenwälder Heimat zu besuchen, birgt - abgesehen vom Spassfaktor - viele interessante Lerneffekte:

Erstens - auch beim Spaziergang bei Minustemperaturen kann es einem sehr warm werden, weil nämlich der Odenwald furchtbar viele Hügel hat, die so angeordnet sind, dass man häufig steil bergauf gehen muss. Manchmal sind sogar Treppenstufen vorhanden, die aber nicht wirklich hilfreich sind, weil das mitgeführte Kleinkind von seinem Fahrrad nicht absteigen wollte und es daher zu seinem großen Amüsement mitsamt Rad die Treppen hinauf und hinunter getragen wurde. Das größere Kind lief zwar von alleine, benötigte aber auch ein bisschen Hilfe beim Fahrradtragen.

Zweitens - Zwiebelsuppe schmeckt auch um drei Uhr nachmittags.

Drittens - Das englische Wort für "Kochrezept" ist "recipe" und nicht "receipt" (was ich gerne mal verwechsle); und es wird nicht etwa 'rii-zeip' ausgesprochen, sondern 'rä-ci-piii'.

Viertens - Eine gewisse Nerdigkeit scheint durchaus erblich zu sein. Bloggern und Twitterern sagt man gerne nach, ihr Leben überwiegend mangelhaft bekleidet, zumindest aber ohne Hose, zu verbringen. Pathologe Junior stellte die Vererbungstheorie eindrucksvoll unter Beweis, als er nicht nur ohne Hose, sondern mit nichts weiter bekleidet als einem Spielzeugauto in der linken Hand durch Wohnzimmer und Küche flitzte (um irgendwelchen Gerüchten vorzubeugen, möchte ich aber explizit feststellen, dass der Herr Pathologe während der gesamten Besuchsdauer vollständig bekleidet war).

Freitag, 12. Oktober 2012

Die Ohrenatmung

Beim gestrigen Stammtisch fehlte Herr V.E. Er ist derzeit im Krankenhaus, weil er sich Nase und Nebenhöhlen entrümpeln lassen muss. Der Arme hat mehrere Polypen, die für lästige Verstopfungen der Atemwege sorgen. Ständig durch den Mund atmen zu müssen, ist ja auch eher unangenehm. So ergab sich eine Diskussion über Alternativen bei der menschlichen Sauerstoffversorgung. Die Hautatmung deckt bereits ca. 60% ab, es hatte aber niemand eine zündende Idee, wie man das auf 100% steigern könnte. Herr F.S. propagierte dann plötzlich die Ohrenatmung. Theoretisch, so führte er aus, müsse das doch möglich sein, es gebe schließlich über die Eustachsche Röhre eine direkte Verbindung zwischen Ohr und Rachenraum. Nach lebhafter Debatte kamen wir überein, die notwendige Pumpwirkung, um die Luft von den Ohren in die Lunge zu bekommen, mit Hilfe zweier Pümpel zu erzeugen. Der Nachteil ist natürlich, dass man dann zum Atmen beide Hände braucht.

Der stolze Erfinder F.S. sonnte sich im Glanze seiner Großtat, solange, bis er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass er nach dem Bankett bei der Nobelpreisverleihung als - nach eigener Aussage - professioneller Nichttänzer mit der schwedischen Königin einen Walzer würde tanzen müssen. Auf der Stelle zog Herr F.S. die Idee zurück; und so wird die Welt auch weiterhin auf die revolutionäre Veränderung der medizinischen Wissenschaft mittels Ohrenatmung warten müssen.

Dienstag, 25. September 2012

Aller schlechten Dinge sind drei ...

Falls sich noch jemand außer mir gefragt haben sollte, was das dritte kaputtgegangene Dings gewesen sein könnte: es war der Wasserdruckgeber der Heizung.

Vorvorigen Samstag zeigte das Display der Heizungsanlage statt der gewohnten Temperaturanzeige plötzlich den unwillkommenen Text "Anlage hat eine Störung". Die nähere Prüfung direkt am Heizkessel (der natürlich auch ein Display hat - es lebe die moderne Kommunikation!) sowie das live aus dem Heizungsraum geführte Telefonat mit unserem Installateur diagnostizierte dann den Defekt am Wasserdruckgeber. Noch am Samstag hat der Installateur das Ersatzteil bestellt.

Unmittelbare Auswirkung des Defekts: kein Warmwasser. Erst wenn man keins hat, wird einem klar, dass die sonst gewohnte ständige Verfügbarkeit von warmem Wasser doch ein ziemlicher Luxus ist. Dabei hatten wir ja noch Glück im Unglück: bei dem milden Wetter brauchten wir die Heizung nicht.

Erst mittwochs war das Ersatzteil da, und der Installateur kam noch abends um sieben, um es einzubauen. Der Gute meinte, er hätte ohnehin keine Zeit, da könnte er sich genauso gut noch am gleichen Abend welche nehmen.

Und ich hatte bei fünf Tagen Warmwasserabstinenz Gelegenheit festzustellen, dass jeden Tag Duschen ohnehin schlecht für die Haut wäre und dass das Haarewaschen mit kaltem Wasser zwar etwas Überwindung kostet, aber: danach hat man die Haare schön und wach ist man auch!  

Dienstag, 18. September 2012

Prinzessinnenrolle

Der Gatte liest Zeitung. Neben ihm sitzt der Kater und lässt sich mit der freien, nicht fürs Umblättern benötigten Hand kraulen. Plötzlich liest Herr Dinktoc laut vor: "Prinzessin Ragnhild gestorben."

Die ganz leichte Andeutung einer Frage veranlasst mich zu antworten: "Norwegen. Schwester von König Harald."

"Ha!" sagt Herr Dinktoc im Tonfall tiefster Befriedigung zum Kater. "Hab ich doch gewusst, dass sie das weiß!"

So ein fieser Möpp.

Donnerstag, 13. September 2012

Berlin & Claudine

Man kommt zu nix. Den Schreibtisch im Büro müsste ich eigentlich wegen Überfüllung schließen, und an den Wochenende ist auch ständig was los. So hat es eine ganze Woche gedauert, bis ich es nun endlich schaffe, meine Reise nach Berlin im Blog zu verwursten.

An einem der Septembersamstage findet in Berlin traditionell unser Firmensportfest statt, zu dem die Kollegen aus allen Niederlassungen weltweit einreiten. Es ist also mehr eine Wiedersehens- und Neue-Kollegen-Kennenlern-Veranstaltung mit angeschlossener sportlicher Betätigung inklusive Abendprogramm. Immer wieder schön und eine der wenigen legalen Möglichkeiten, ungestraft dem Chef ans Schienbein zu treten (Fußball), ihn um Längen hinter sich zu lassen (1500m-Lauf) oder ihm eins vor den Koffer zu knallen (Volleyball).

Weil es so praktisch ist, werden rund ums Sportfestwochenende gerne Termine gelegt, zu denen möglichst viele Leute anwesend sein sollten, irgendwelche allgemeinen Schulungen oder große Bereichsbesprechungen und so was. Das bedeutete für mich, schon am Donnerstag in den ICE nach Berlin steigen zu müssen, weil Freitag die erste Besprechung bereits um 9 Uhr angesetzt war.

Nun mag man mich spießig oder altmodisch nennen, aber ich gehe nicht gerne alleine abends in ein Restaurant oder eine Kneipe. Ich fühle mich dann eher unwohl, wie "bestellt und nicht abgeholt" halt, auch wenn ich gar keine Verabredung hatte.

Aber es gibt ja das wundersame Internet, und darin auch UserInnen aus Berlin. Seit Jahren lese ich regelmäßig ihr Blog, seit Monaten folge ich ihr auf Twitter, jetzt dachte ich, aha, endlich die Gelegenheit, funkst du mal Frau Creezy aka @Claudine an, ob sie Zeit und Lust auf ein Bier am Abend hätte. Hatte sie. Das mit dem Treffpunkt klappte einwandfrei, und dann durfte ich Senorita Espagnola Shiina (kleine Schmusenase) sowie die Huldvolle Katzendame Talytha (hoheitsvolles Beschnuppern, sodann eleganter Abgang) kennenlernen. Nur Ihre Fürstlichkeit, die Silberprinzessin Nishia, war nicht gewillt, ihre Festung Gemächer unterm Bett zu verlassen und sich um lästigen Besuch zu kümmern. War schön, die Miezen persönlich kennen zu lernen, die mir von so vielen Fotos vertraut sind!

Anschließend führte Frau Creezy mich ein bisschen in ihrem Kiez herum, bis wir in einer Urberliner Kneipe landeten und über halben Hähnen und Bouletten stundenlang über Gott und die Welt, die Blogosphäre, uns persönlich bekannte Blogger, Katzen, Arbeit und was weiß ich noch quasselten. Wenn ich das Internet für etwas liebe, dann das: man kommt in Kontakt mit Menschen, die man noch nie gesehen hat. Man beurteilt sie nach ihren geschriebenen Worten und Gedanken und nicht, bewusst oder unbewusst, nach ihrem Äußeren. Man hätte ohne Internet gar nicht gewusst, dass es sie gibt. Und doch wachsen sie einem ans Herz, man macht sich Sorgen, wenn jemand mal eine Weile nicht bloggt oder twittert und freut sich, wenn es wieder ein Lebenszeichen gibt. Trifft man so eine(n) virtuelle(n) Bekannte(n) dann im wahren Leben, schaut man sich erst ein Weilchen an und versucht herauszufinden, ob die eigene, womöglich über Jahre entstandene Vorstellung über den anderen mit dem ersten persönlichen Eindruck in Einklang zu bringen ist. Klappt erstaunlich oft.

Gesprächsthemen finden sich leicht - man weiß ja aus dem Blog, für welche Themen sich der andere interessiert, über was sich einer aufregt und was ihm egal ist. In Zukunft werde ich das öfter machen - wenn ich irgendwohin reise, werde ich erst mal schauen, ob am Zielort jemand aus Kleinbloggersdorf und/oder der Twitteria lebt und vielleicht ein bisschen Zeit und Interesse für ein Treffen übrig hat.

Es war so ein schöner Abend, nächstes Mal gerne wieder! Danke nochmal, beste Frau Creezy, und Sie wissen hoffentlich, wenn Sie mal nach Rhein-Main fahren, wem Sie das vorher mitteilen, damit ich mich revanchieren kann.

Donnerstag, 23. August 2012

Un-haltbar

Die heimische Elektrokleinteilindustrie scheint die Lebensdauer ihrer Produkte bei ungefähr zwei Jahren festzusetzen. Im August 2010 sind wir ins Haus eingezogen, das ganze Elektrozeugs wie Steckdosen, Schalter, Lampen / Glühbirnen, Trafos wurde zwischen März und Mai 2010 installiert.

Vor drei Wochen gab plötzlich der Trafo der Deckenstrahler im Bad den Geist auf (mit einem Elektroingenieur im Haus war es zwar nicht schwierig, einen neuen Trafo einzubauen, sondern eher, den alten, rechteckigen Trafo durch das kreisrunde und natürlich viel zu kleine Loch in der Decke hervorzuziehen, das hat Herrn Dinktoc eine Menge Fummelei gekostet. Ich musste immer an das englische Sprichwort vom "square peg in a round hole" denken.).

Heute morgen versagte die eine der beiden Deckenlampen in der Küche ihren Dienst. Da beide am selben Schalter hängen, gehe ich erst mal davon aus, dass nur eine Glühbirne kaputt ist.

Jetzt bin ich sehr gespannt darauf, was sich als nächstes verabschiedet. Nach dem Gesetz der Serie sind es doch immer drei Dinge. Dass sich Herrn Dinktocs Kabelsammlung auf mirakulöse Weise endlich selbst zerstört, wage ich allerdings nicht zu hoffen in Betracht zu ziehen.

Donnerstag, 16. August 2012

Freitag, 3. August 2012

Der letzte Urlaubstag ...

... war überwiegend Herrn Dinktocs Leidenschaft für Museumseisenbahnen gewidmet. Die "Romney, Hythe & Dymchurch Railway" (RHDR) führt immer an der Küste entlang von Hythe nach Dungeness.


Genau genommen ist dieses Spielzeugbähnchen gar keine Museumsbahn, weil sie nach Fahrplan und im Regelbetrieb fährt, teils mit Dampf-, teils mit Dieselloks. Aber der Anteil der Touristen unter den Fahrgästen war schon recht hoch.

Herr Dinktoc hatte natürlich sofort die Drehscheibe und das Stellwerk entdeckt und musste beides ganz genau ansehen sowie mit dem Stellwerker vom Dienst in eine solche Fachsimpelei geraten, dass der beinahe den Zug zu spät hätte abfahren lassen.



Aber als es dann endlich los ging, zockelten wir gemächlich durch ziemlich verschlafene Küstenorte. Interessant fand ich die Einblicke in die Hinterhöfe - diese waren entweder furchtbar ordentlich, also jeder Grashalm auf exakt gleicher Länge (oder eher: Kürze), militärisch ausgerichtete Blumen, ein einzelner gestutzter Baum, dem man ansah, dass er es niemals wagen würde, auch nur ein Blatt ohne Erlaubnis abzuwerfen, dazu meist eher spießige Gartenmöbel in gezirkelter Aufstellung.  Oder aber der Hinterhof war entsetzlich vernachlässigt, die Brennesseln gut einen Meter hoch, dazwischen Gerümpel, das ein oder andere Autowrack und jede Menge kaputtes Kinderspielzeug und Müll. "Normale" Gärten, also gepflegt und bewohnt wirkende, waren selten.

Zwischen den Ortschaften konnten wir die schöne Landschaft bewundern und die lokale Fauna beobachten. Jede Menge Kühe und Schafe auf den Weiden und noch mehr Vögel. Ein Rudel Kaninchen kannte das schnaufende Bähnlein offenbar und ließ sich nicht stören, genausowenig wie der Fischreiher, der in einem der zahlreichen Entwässerungsgräben sehr kontemplativ auf einem Bein stand.  

Die Strecke endet in Dungeness in der Nähe des Leuchtturms, der recht malerisch aussieht, wenn man es schafft, ihn so zu fotografieren, dass das Atomkraftwerk nebenan nicht mit aufs Bild kommt. Wie jedes AKW ist es von ganz ausgesuchter Hässlichkeit, und dieses hat noch die Besonderheit, mitten in einem Naturschutzgebiet (!) zu liegen.



Der naturgeschützte Kiesstrand ist menschenleer (obwohl ausnahmsweise die Sonne schien und es angenehm warm war) und hat einen ganz eigenen Charme. Strandspaziergänge empfehlen sich eher nicht, weil es nach wenigen Minuten sehr anstrengend wird, auf dem wegrutschenden Kies zu laufen. Wir nahmen lieber den nächsten Zug zurück nach Hythe und fuhren von da noch nach Hastings, um selber zu sehen, wo anno 1066 Wilhelm der Eroberer in England gelandet war.



Die Stadt geht recht spielerisch mit ihrer Vergangenheit um; natürlich gibt es geführte Touren, die die historische Bedeutung jener Eroberung vermitteln, aber auch  bunte Reliefs mit normannischen Booten in einer Unterführung zur Strandpromenade oder der Bäcker, dessen Brot hoffentlich frischer ist, als man nach dem Firmenschild vermuten könnte. Der Bummel durch das Städtchen war ein gemütlicher Abschluss der Englandreise. Wir kommen bestimmt wieder!

Donnerstag, 2. August 2012

Sex and the Garden

Beim zwölfigsten (ich hab den Überblick verloren) Literaturkränzchen erschlossen sich vorher völlig unvermutete Zusammenhänge von Telefonsex und Gartenarbeit.

Die Büchertanten trafen sich diesmal bei Frau K., der erst einmal ausgiebig Zuspruch geleistet wurde, war sie doch vor etwa zwei Wochen mit dem Fahrrad gestürzt und hatte sich den linken Arm gebrochen sowie das linke Handgelenk angeknackst. Natürlich kann und darf sie mit der linken Hand nun gar nichts tun, und sie nutzte dafür ausgiebig die rechte Hand, um gestenreich von ihrem derzeitigen zwangsentschleunigten Lebenswandel zu erzählen und dem Trick, wie man mit nur einer Hand eine Hose anzieht (zuallererst legt man die engen Hosen beiseite und entscheidet sich für ein etwas bequemeres Modell, zieht die Hose mit einer Hand bis über den Hintern, legt sich dann flach auf den Boden, klebt mit einem Pflasterstreifen die Knopflochseite des Hosenbunds auf den Bauch und kann dann den Reißverschluss hochziehen und den Knopf schließen. Das mit dem Pflaster finde ich übrigens eine geniale Idee!). Auch dass es mit halb so vielen Händen wie normal ungefähr viermal so lange dauert, Wäsche aufzuhängen, blieb nicht unerwähnt, ebenso die Tatsache, dass Frau K.s Gemüsebeet momentan eher ein Vogelmierebeet ist.

Nach solcherart Bulletins sprachen wir - o Wunder - über Bücher. Frau O. liest sich zur Zeit durch die Krimireihe mit Dr. Siri als Ermittler und äußerte sich so angetan, dass ich die Bücher auf meine virtuelle Leseliste gesetzt habe, Frau K. hat gerade einen Krimi mit indischem Privatdetektiv, der in Delhi ermittelt, ausgelesen (ich wünschte, ich könnte mich an den Titel erinnern, aber ich bin eine alte Schabracke über vierzig und weiß es nicht mehr), und ich habe den Damen den Autor Matt Beynon Rees ans Herz gelegt, dessen Buch "Der Verräter von Bethlehem" mich als Krimi zwar nicht vom Hocker reisst, aber der es schafft, schon auf den ersten 20 Seiten ein so farbiges Bild der vielen Gruppen und Grüppchen - israelische Armee, Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft, alteingesessene Bethelemer aller Glaubensrichtungen, palästinensische Flüchtlinge, christliche Araber, Islamisten, gewöhnliche Kriegsgewinnler - und ihrer widerstreitenden Interessen zu zeichnen, dass es ein ganzes Seminar zur Nahostpolitik ersetzen könnte. Bei Frau K. rannte ich da offene Türen ein, ein Griff ins Bücherregal, und sie drückte mir Band 2 der Reihe in die Hand. Der spielt in Gaza, und ich bin gespannt.

Irgendwie kamen wir über Hörbücher zu Krimiverfilmungen zum aktuellen Fernsehprogramm. Frau O. berichtete, am Vortag zufällig in den Film "Süperseks" über eine türkische Telefonsexhotline gezappt zu haben, den sie sehr schätzt und dann naürlich auch wieder geguckt hat. Die Schilderung einiger Filmszenen löste wiederum bei Frau K. einen Geistesblitz aus: wenn sie wieder fit und endlich die überfällige Gartenarbeit zu erledigen in der Lage sei, könne sie dabei doch mit einem Nebenjob als Telefonsexerin ein bisschen Geld verdienen, schließlich sei doch Gartenarbeit sehr inspirierend: Spaten in den Boden stechen ("tiefer! tiefer!"), ständig bücken zum Unkraut jäten ("ouuuuueeh! stöhn! uuuuuh!!!") und schließlich Möhren und Kartoffeln ernten ("Komm schon, du Drecksstück!").

Ich sag Ihnen, man macht was mit, bei solchen Kränzchenschwestern.

Sommer



Sommersonntagwandertag. Diesmal durch den Taunus, bei optimalem Wetter: sonnig, 22 Grad, leichter Wind. Als Belohnung für die 18 km mit einem langen Anstieg gegen Ende gab es hinterher Kaffee, dreierlei Eis, Pflaumenstreuselkuchen und Sahne satt. Von solchen Tagen könnte ich sieben Stück die Woche brauchen!

Freitag, 27. Juli 2012

Pilgerfahrt ins Einkaufsparadies (Day Eleven)

Canterbury. Die Stadt stand schon lange auf meiner Wunschliste - ich habe nun mal ein Faible für gotische Kathedralen, überhaupt für (ältere) Architektur und Geschichte. Damit ist man in Canterbury genau richtig.

Der Landlord unseres Bed & Breakfast hatte uns außerdem gewarnt "Be careful. Canterbury's a very dangerous city. Keep your wallet closed!", will meinen, man kann hier wunderbar einkaufen. Genau dies hatten wir auch vor, da fehlten noch einige Mitbringsel, für Freunde, Verwandte sowie uns selbst.

Der einzige Wermutstropfen war - mal wieder - das Wetter. Die Sonne schien in Strömen! Immerhin führte das dazu, dass wir uns ausgiebig in der wirklich großartigen Kathedrale aufhielten. 



An der Stelle, an der Erzbischof Thomas Becket 1170 ermordet wurde, unter dem Vierungsturm, steht ein Ewiges Licht. Mit kurzer Unterbrechung während der Reformation durch Heinrich VIII (der schon wieder!) brennt dort seit über 800 Jahren eine Kerze. Anrührend, finde ich.


Mehr von dieser Welt war eine Entdeckung im Kreuzgang: auf einer Steinbank eine Kuscheldecke mit Pfotenmuster, ein Wassernapf, ein Fressnapf und der Hinweis in der Kathedralbroschüre, dass der Kreuzgang und Garten Revier eines Katers ist, der reihum von den Küstern der Kathedrale versorgt wird. Seine schnurrige Majestät selbst bekamen wir leider nicht zu Gesicht.


Es hörte nicht auf zu regnen, und um nicht völlig nass zu werden, mussten wir einen langen Einkaufsbummel mit ausgiebigen Aufenthalten in den einzelnen Geschäften machen. Für die Freundin fanden wir endlich eine schöne und nur mäßig kitschige "Diamond Jubilee"-Tasse, die Kollegen hatten Shortbread bestellt, für uns selbst frästen wir uns durch ein Käseregal, und verschiedene Chutneys mussten natürlich auch in den Einkaufswagen (irgendwo hatte ich Johannisbeer-Zwiebel-Chutney gegessen, und ich sage Ihnen: k-ö-s-t-l-i-c-h-t-s!); in einem Kaufhaus alter Sitte, will heißen Familienbetrieb in verwinkelter Höhle aus mehreren, mit Durchbrüchen verbundenen alten Häusern, fand ich in der Haushaltswarenabteilung eine Pie-Form, nachdem ich vorher eine Zeitschrift gekauft hatte, in der köstliche Pie-Rezepte zu finden waren. "Immer diese Folgekosten!" pflegt Herr Dinktoc in diesen Fällen zu sagen.


Allerdings sollte er diesmal den Ball flach halten, denn es  muss festgestellt werden, FESTGESTELLT in Großbuchstaben, dass es Herr D. war, der in diesem Urlaub Geld für Klamotten ausgegeben hat, nicht ich! In Stonehenge musste er sich unbedingt ein T-Shirt kaufen, und hier in Canterbury fiel er über eine Mütze aus echtem schottischen Harris-Tweed. Das Etikett sagt "handwoven on the Outer Hebrides".  


Die Mütze steht ihm wirklich gut, aber als er sie abends ausführte, konnte ich mich nicht entscheiden, wem er damit ähnlicher sieht: dem Werbemann des schottischen Fischereiverbandes oder  James Herriott, dem Tierarzt aus "Der Doktor und das liebe Vieh".

(Fortsetzung folgt.)

Mittwoch, 25. Juli 2012

Serviceorientierung

"So!" sagte ich heute Morgen zu Herrn Dinktoc. "Meine Nebenjobs habe ich eben alle erledigt."

"Was für Nebenjobs?!" begehrte der Mann zu wissen.

"Na, als Kellnerin, Klofrau und Masseurin!"

Herr D. stellt fest: "Aha. Hast du also die Katzen gefüttert, gekrault und das Katzenklo saubergemacht. Haben die Viecher dir wenigstens ein ordentliches Trinkgeld gegeben?"

"Natürlich nicht, aber sie haben geschnurrt."

"Undankbare Kundschaft!"


Wo er recht hat, hat er recht. Trotzdem macht man sich jeden Tag freiwillig zum Sklaven seiner Samtpfoten und gerne auch mal zum Affen, wenn die Katzen "spiel mit mir!" fordern. Wie machen die das, ihre Menschen so mühelos um die Pfoten zu wickeln?

Dienstag, 24. Juli 2012

Homes & Castles (Day Ten)

Der zehnte Tag war diversen Homes & Castles gewidmet. Eine weise Entscheidung, denn wettermäßig war leider immer noch keine Besserung zu verzeichnen. Man könnte sagen, während unseres Urlaubs hätte es nur einmal geregnet, nämlich von Anfang bis Ende. Die Aussage wäre nur leicht übertrieben.

Erste Station: Bateman's. Das Haus Rudyard Kiplings, in dem er von 1902-36 lebte. Der Landsitz ist so erhalten, wie er 1936 eingerichtet war, mit den Möbeln, Büchern, Bildern. Anhand der Stadtansichten an den Wänden in Kiplings Schlafzimmer entspann sich eine interessante Diskussion über Städtebau und -wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg mit dem Aufsichtsmenschen vom National Trust. Es waren Bilder von Frankfurt (!), Canterbury und anderen englischen und europäischen Städten aus den 1920er Jahren. Wie würden sie ohne die Kriegszerstörungen heute aussehen?


Das Haus selbst stammt aus dem 17. Jahrhundert und liegt auf einem Riesengrundstück. Ein Teil davon ist als Garten gestaltet. Hier fanden wir auch eine Rabatte, gute 30 Meter lang, ausschließlich mit Katzenminze bepflanzt (das wäre das Paradies für diverse mir bekannter Katzen, inklusive meiner eigenen ... Junkies!).

Bei dem Anblick fiel mir wieder ein, dass auch Kipling Katzen sehr schätzte und eine wunderbare Kurzgeschichte geschrieben hat, die den eigensinnigen und unabhängigen Charakter der Samtpfoten hervorragend einfängt: "The cat who walked by himself". Und wie es der Zufall so will, lief uns plötzlich am Wirtschaftsgebäude von Bateman's ein feuerroter Tiger über den Weg, walkte zwar by himself, war aber ein paar Streicheleinheiten nicht abgeneigt.


Nächster Stop war Hever Castle. Heute Privatbesitz der Familie Astor (genau, die mit dem berühmten Hotel in New York). Die meisten Besucher kommen aber nicht deswegen nach Hever, sondern weil in diesem Haus Anne Boleyn aufgewachsen ist, die zweite Frau Heinrichs des VIII. (und eine der beiden Ehefrauen, die er hat köpfen lassen), derentwegen die Church of England überhaupt erst erfunden wurde.

Weil es nach diesem Besuch immer noch regnete und wir immer noch nicht genug alte Steine angeguckt hatten, begaben wir uns nach Ightham Mote, einem der ältesten Häuser Englands, erbaut 1320 (!), umgeben von einem Wassergraben. Von der Bausubstanz aus dem 14. Jahrhundert ist nur noch sehr wenig übrig - im 16. Jahrhundert ließ der damalige Hausherr mächtig umbauen, um den damaligen König Heinrich VIII. (da isser wieder) angemessen empfangen zu können, sollte der einen Besuch jemals in Erwägung ziehen. Überall wurden die Tudor-Rose und der Granatapfel dekorativ verwendet, die Symbole Heinrichs VIII. und seiner ersten Frau, Katharina von Aragon. Der König ließ sich aber nie blicken, und als Katharina verbannt war und Heinrich mit Anne Boleyn liiert, hätte ein Besuch des Königs automatisch die Zerstörung sämtlicher Hinweise auf Ehefrau Nr. 1 nötig gemacht. Wir können Heinrich also dankbar sein, dass er nie zu Besuch kam und wir somit heute noch ein wunderschönes, komplettes Tudor-Ensemble bewundern können.



Nach derart viel Architektur und Geschichte trieb uns der Hunger abends in einen "Tex-Mex-Pub". Fragen Sie nicht - in England können und werden Sie die merkwürdigsten Kombinationen auf ein- und derselben Speisekarte finden.

Englisches Bier und Enchilladas passen recht gut zusammen, und als der erste Hunger gestillt war und ich somit wieder etwas Aufmerksamkeit für die Umgebung übrig hatte, fiel mir etwas an Herrn Dinktoc auf und ich fragte ihn (mit nur leichtem Erstaunen, als erfahrene Ehefrau ist man ja Kummer gewohnt): "Was ist denn das das auf deiner Brille? Hast du dir da etwa Chili hingekleckert?" "Ja", sagte Herr D. "Das schärft den Blick!"

(Fortsetzung folgt.) 

Mittwoch, 11. Juli 2012

White Cliffs & White Garden

Tag Neun. Der Urlaub ging schon bedrohlich dem Ende entgegen, und so begannen wir den Tag mit einer Fahrt nach Dover, um mal einen Blick über den Kanal zu werfen und zu sehen, wo wir in 4 Tagen schon wieder hinfahren würden.


Leider war es sehr diesig, so dass Frankreich am Horizont nur zu ahnen war: der etwas dunklere Strich zwischen meergrau und himmelgrau.

Auch die berühmten White Cliffs of Dover haben wir nicht wirklich gesehen - das Problem ist, dass man die eigentlich nur vom Meer aus so richtig vor die Augen bekommt. An einem einzigen Punkt von der Zufahrtsstraße nach Dover rein kann man die Klippen gut sehen, aber genau da kann man natürlich nicht anhalten, ohne einen Stau in halb Südengland zu verursachen. Diese Straße ist nämlich auch der einzige Zubringer zum Fährhafen Dover.



Von Dover Castle aus konnte man immerhin den Steilabfall und den Beginn der Kliffs sehen. Diese Burg sei allen historisch Interessierten ans Herz gelegt - 2000 Jahre Geschichte sind hier versammelt. Dieser Turm ist eines der wenigen noch erhaltenen Bauwerke Englands aus der Römerzeit. Der größte Teil der Festung, so wie sie heute zu sehen ist, stammt aus dem Mittelalter, aus Zeiten des Hundertjährigen Kriegs zwischen England und Frankreich. Aber selbst im Zweiten Weltkrieg wurde Dover Castle noch strategisch genutzt. In die Felsen unterhalb der Burg sind lange Gänge getrieben, die als Bunker, Ausguck und Nachrichtenzentrale dienten.


Beim Wegfahren aus Dover amüsierten wir uns über die großen Schilder in englisch-französisch-spanisch-deutsch-italienisch: LINKS FAHREN! Frisch von der Fähre haben viele offensichtlich (und verständlicherweise) damit Schwierigkeiten.

Den Nachmittag verbrachten wir in Sissinghurst Castle. Von dem Ursprungsgebäude aus dem 16. Jh. ist nur wenig übrig, aber nach Sissinghurst fährt man ja auch wegen des Gartens. Eigentlich sind es mehrere Gärten, die ineinander übergehen, abgegrenzt durch Hecken und Rabatten. 


Berühmt ist der weiße Garten, in dem - Sie erraten es - nur weißblühende Blumen und Sträucher stehen. Es gibt Gartenenthusiasten aus Japan und Australien, die eigens wegen dieses Gartens nach England reisen. Vielleicht hatten wir die falsche Jahreszeit erwischt, aber gerade den White Garden fand ich jetzt nicht sooo toll.


Hingegen konnte ich mich kaum von den Beeten mit den vielen verschiedenen Mohnblumen trennen. Besonders diese zartrosa Art hatte es mir angetan. Herr Dinktoc konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, eine Staude auszugraben und mitzunehmen. Nix darf man.


Abends fanden wir noch ein schönes Beispiel für das besondere Verhältnis, das Engländer zu ihrer Geschichte haben: im Dorfpub "The King's Arms" hängt an der Wand, ordentlich hinter Glas, eine handschriftlich ausgeführte Liste aller Wirte seit Bau des Pubs anno 1602, zusammen mit den Jahreszahlen, von wann bis wann der jeweilige Landlord zugange war. Und dahinter, in einer weiteren Spalte, waren - auch mit Jahreszahlen - die zur Zeit des jeweiligen Wirts herrschenden Könige und Königinnen aufgeführt, angefangen bei Elisabeth I. Der Zettel selber ist etwa 120 Jahre alt; damals, zu Queen Victorias Zeiten, hat jemand in Tinte die Historie vom frühen 17. bis ins späte 19. Jh. notiert. Später wurden dann die aktuellen Wirte, Könige und Jahreszahlen ergänzt, in wechselnden Handschriften, erst auch mit Tinte, später mit Kugelschreiber. Wenn ich solch schräge Dinger sehe, weiß ich, warum ich so gerne in England bin.


(Fortsetzung folgt.)

Dienstag, 10. Juli 2012

Sommersonntagsspaziergang


Morgens Regen, graue Wolken, trübes Licht, kalte Windböen. Ein wunderbares Alibi, ausgiebig Zeitung zu lesen und noch einen Kaffee mehr zu trinken. Mittags dann klarte es auf, die Sonne kam, die Wolken zogen den Schäfchenpelz an, der Wind wurde zum angenehmen Luftzug. Der Nachmittag brachte den Herrn Pathologen mitsamt Ehefrau und Praxisnachfolger und einen gemeinsamen Spaziergang zum "Apfelgarten", der Sommerwirtschaft eines hiesigen Obstbauern mitten zwischen Getreidefeldern und Streuobstwiesen. Mit frisch gepresstem Apfelsaft, hausgemachtem Apfelwein, und hausgebackenem Kuchen geht so ein Nachmittag furchtbar schnell vorbei. Hach, was für ein Wohlfühlsonntag!

Donnerstag, 5. Juli 2012

Der Herzog, der Prinz und das Meer (Day Eight)

Schon eine Woche in England. Es steht wieder Bettenwechsel an und damit eine recht lange Autofahrt, von Wherwell in Wiltshire nach Offham - bei Maidstone - in Kent. Wir versüßten uns die Tour mit zwei Besichtigungsstops.

Erster Halt war Arundel Castle, Sitz des Herzogs von Norfolk, der als höchstrangiger Adliger Englands - außerhalb des Königshauses - bei zeremoniellen Angelegenheiten eine wichtige Rolle spielt. Er organisiert zum Beispiel die jährliche Parlamentseröffnung durch die Queen. Das wäre für sich noch nicht so interessant, wenn die Herzöge von Norfolk nicht seit über 500 Jahren derartige Aufgaben hätten und deshalb ein Privatarchiv zusammengetragen haben, um das so manche Staatsbibliothek sie beneiden könnte.

Die Burg bietet eine grandiose Aussicht über die Sussex Downs und ist außerdem architektonisch interessant: die Anfänge gehen zurück auf das 11. Jahrhundert, aber der größte Teil der Burg wurde im späten 19. Jahrhundert historisierend wieder aufgebaut. 



Der Park ist - der Gesamtanlage angemessen - riesig und hat mit ein paar Überraschungen aufzuwarten. Neben der herzoglichen Privatkapelle wachsen in einer geschützten Ecke Palmen (!), eine formale Gartenanlage geht fast ansatzlos in einen Schnittblumen- und den Küchengarten über. Hier fanden wir in einer Ecke auch diesen ausgesucht hübschen - ja was - Gartenschuppen? Jagdhütte? Teehaus? Jedenfalls ein winziges Häuschen, dessen Säulenkapitelle und Dachverzierungen aus lauter Elchgeweihen bestanden. Das ganze hatte einen sehr verwitterten Charme - diese Elchherde hat sicher schon vor über 100 Jahren dran glauben müssen.


Nach Arundel ging es nach Brighton. Nach einer ganzen Woche in England wollten wir uns doch mal mit eigenen Augen überzeugen, dass wir auf der Insel sind, und das Meer sehen. Dafür hatten wir uns DAS Seebad überhaupt ausgesucht, die Stadt, die den Begriff "Seebad" wohl überhaupt erst geprägt hat. Zu verdanken ist das dem späteren Georg IV., der Anfang des 19. Jh. seine Zeit - bevor er König wurde - gerne in Brighton verbrachte und den berühmten Royal Pavilion erbauen ließ, der eine wunderbar wilde Mischung aus indischer, arabischer und Zuckerbäckerarchitektur bietet.


Inzwischen ist Brighton ein wenig in die Jahre gekommen, Von weitem sieht die Promenade schick aus, je näher man kommt, desto schäbiger wird die Eleganz. Unmittelbar am Strand herrscht aber eine Menge Leben mit Künstlern aller Art: Feuerschlucker, Maler, Akrobaten, dazu fliegende Händler mit allem möglichen Schnickschnack, Cafès, Kneipen, Souvenirläden, winzige Kunstgalerien und natürlich der Brighton Pier, in traditioneller britischer "Seaside Town"-Manier mit Automatenspielhallen zugebaut. Man muss es mal gesehen haben, aber nach einer Viertelstunde  Kakophonie aus Automatengeklingel und englischer Schlagermusik aus übersteuerten Lautsprechern hatten wir genug.


Wir haben uns lieber ein großes (ein richtig großes) Soft-Eis gekauft und sind ein Stück den Strand entlang gegangen, um einen echten englischen Sommertag zu genießen. Sonne, 17 Grad, kräftiger Wind. Eis und Seeluft waren auch eine gute Medizin gegen die Erkältung, die ich mir bei der Wasserwanderung im New Forest zugezogen hatte.



Fazit: aus organisatorischen und erkältungstechnischen Gründen ein eher ruhiger Urlaubstag. Stress hatte nur Herr Dinktoc, der stundenlang Auto fahren musste (in England setze ich mich hinter kein Steuer, das innere Umschalten auf Linksverkehr funktioniert bei mir nicht, da lasse ich es lieber ganz bleiben). Ich bin dann immer fürs Kartenlesen zuständig, was an diesem Tag recht einfach war: "wir bleiben die nächsten 30 Meilen auf der A26, weck mich einfach, wenn wir in Tonbridge sind" und zack, war ich eingeschlafen (blöde Erkältung). Dass ich angeblich so geschnarcht haben soll, dass Herr Dinktoc erst glaubte, wir hätten einen Motorschaden, ist natürlich nur eine bösartige Verleumdung seitens des garstigen Gatten.

(Fortsetzung folgt.)

Mittwoch, 4. Juli 2012

Tierischer Tampontest

Da las ich vor ein paar Tagen diesen wunderbaren Blogeintrag bei Frau Creezy und beging anschließend den Fehler, den Rechner offen stehen zu lassen. Ganz eindeutig hat Kater Leopold den Text nämlich auch gelesen und den Beschluss gefasst, seinerseits bei nächster Gelegenheit eine Tampon-Testreihe durchzuführen.

Heute morgen wurde ich zu sehr unchristlicher Stunde von einem dumpfen kawonk geweckt, gefolgt von zahlreichen knisternden, raschelnden Geräuschen und dazu begeistertem Gemaunze. Nach ein paar Sekunden Stille folgten abwechselnd ein sssst-klong und ein krrrrrp-bongggk, mehrfach wiederholt, was mich dann doch aus dem Bett trieb, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Herr Leopold saß unschuldigen Blickes im Bad, neben sich den vom Schränkchen geworfenen Tamponkarton ("kawonk"), um sich herum ein Teil des Inhalts. Weitere Tampons hatte er, vermutlich mit dem Innenrist der rechten Pfote, in Bananenflankenmanier mit Schmackes an die Glastür gekickt ("sssst-klong") oder er hatte ein bis drei Krallen im Umhüllungscellophan versenkt, woraufhin die lästigen Dinger an Katers Krallen festhängen blieben und also durch wildes Pfotenschütteln entfernt werden mussten, durch die Luft flogen und an der Seitenwand des Katzenklos auftrafen ("krrrrrrp-bongggk"). Aufbekommen hat er die Umhüllung nicht, bei keinem einzigen Tampon. 

Der Kater hatte kein Verständnis dafür, dass ich kein Verständnis für ihn hatte, sondern im Gegenteil die Gelegenheit, einen Haufen Tampons vom Badezimmerfußboden aufzusammeln und katersicher zu verstauen, nicht mit ungetrübter Freude wahrgenommen habe. Trotz der frühen Stunde verstand ich aber plötzlich die praktische Relativitätstheorie, dass nämlich 48 Tampons relativ wenig sind, wenn man eine Packung dieser Größe bezahlt; aber relativ viel sind, wenn man sie aus allen Ecken hervorfischen muss, und das um fünf Uhr zehn.

Freitag, 29. Juni 2012

Im Gasthaus zum Grünen Drachen

... oder so ähnlich.  Auf dem Rückweg von Portsmouth statteten wir in Southampton dem Pub "The Hobbit" einen Besuch ab. Dass eine solche Kneipe überhaupt existiert, wussten wir aus deutschen Zeitungen: vor ein paar Monaten nämlich war die Kneipe, die seit 20 Jahren so heißt und auch seit 20 Jahren Cocktails mit Namen wie "Gandalf" und "Frodo" verkauft, ins Visier der amerikanischen Filmfirma und Rechteinhaber an den Werken Tolkiens geraten. Das führte zu ungeahnter Popularität der Kneipe, Solidaritätsadressen prominenter Schauspieler inklusive mehrerer Hauptdarsteller der aktuellen "Hobbit"-Verfilmung, darunter Ian McKellen - Gandalf himself also! -  sowie dazu, dass wir den Pub auf unsere Besuchsliste für die England-Reise setzten.


Würde ich in Southampton wohnen, könnte das durchaus meine Stammkneipe werden. Eine gemütliche Höhle mit allerlei Reminiszenzen zu Tolkiens Büchern und Hobkobold-Bier aus dem Zapfhahn. Die Wirtin berichtete, seit dem Auftrieb mit der angeblichen Rechteverletzung hätte sie schon einige Gäste wie uns gehabt, die dadurch auf die Kneipe aufmerksam wurden und einfach mal vorbeikamen, um ein Bier zu trinken, sich den Laden anzusehen und über diese amerikanischen Anwälte aufzuregen.



Mittlerweile sieht die Wirtin die Sache wieder entspannt, durch das große Medienecho und die Kritik verunsichert, ist die Filmfirma zurückgerudert, und das Pub darf für eine nominelle Lizenzgebühr von, wenn ich mich richtig erinnere, 60 $ pro Jahr den Namen behalten. Man diskutiert wohl nur noch über einige Graffiti im Biergarten des Pub, die angeblich den Film-Orks zu ähnlich sehen. Über die zu vermutende charakterliche Ähnlichkeit zwischen gierigen Anwälten und Orks wurde nicht gesprochen, das hab ich nur bei mir gedacht.

(Fortsetzung folgt).

Donnerstag, 28. Juni 2012

In the Navy

Der siebte Urlaubstag stand im Zeichen der Seemacht England. Wir fuhren nach Portsmouth, zum Historic Dockyard mit seinem Marinemuseum und den berühmten historischen Schiffen. Als erstes fiel uns allerdings die HMS Illustrious ins Auge. Der Hafen der Royal Navy befindet sich nämlich unmittelbar neben dem historischen Hafen, und so konnten wir ein modernes Kriegsschiff aus nächster Nähe sehen. Ich hätte ja nicht gewusst, um was es sich dabei handelt, aber Herr Dinktoc, der seinerzeit seinen Wehrdienst bei der Marine abgeleistet hatte, informierte mich, es sei ein Hubschrauberträger, ehemals Flugzeugträger, jetzt eben umgebaut. Degradiert, sozusagen. Ein ziemlich großer Pott also.


Nachdem wir den recht saftigen Eintrittspreis in den Historic Dockyard gelöhnt hatten, besuchten wir als erstes das Museum der Royal Navy, in dem die gesamte britische Marinegeschichte aufgearbeitet wird, von den Anfängen im Mittelalter bis heute. Es gibt auch eine große Sammlung von Galionsfiguren zu bewundern und eines der Originalsegel von Horatio Nelsons Flaggschiff, wie sich auch ein Gutteil der Ausstellung dem Leben und Wirken des berühmten Admirals widmet.  

Somit waren wir gut vorbereitet für die Besichtigung eben dieses Flaggschiffes, der HMS Victory. Leider sind die drei hohen Masten derzeit zwecks Restaurierung abgebaut, das Schiff wirkt, nur mit den kleinen Masten, etwas gestutzt.


Von diesem Schiff hat Nelson seine Flotte kommandiert und die Schlacht von Trafalgar gewonnen, bei der er selber zu Tode kam. Die Stelle, an der er getroffen aufs Deck sank und starb, ist mit einer Messingplatte markiert und wird von allen Touristen pflichtgemäß bestaunt und fotografiert.


Die Schiffsbesichtigung war ja recht interessant, aber monatelang auf so engem Raum eingesperrt zu sein, wäre nichts für mich. Dunkel. Eng. So niedrige Decken, dass man nicht aufrecht stehen kann.


Herr Dinktoc, der alte Schiffsbetriebselektriker, fand das alles wunderbar und kroch in jeden Winkel.  Er hegt ja auch den Wunsch, wenn es denn eine Zeitmaschine gäbe, mit Sir Francis Drake zusammen in den Hafen von Maracaibo einzulaufen und eine Breitseite auf die Spanier abzufeuern. Mich allerdings hat die Besichtigung nur weiter in meiner Meinung bestärkt, dass Schiffe zwar hübsch anzusehen, für die menschliche Fortbewegung jedoch ungeeignet sind.



Deswegen musste Herr Dinktoc die Hafenrundfahrt auch alleine unternehmen. Angesichts des Wellengangs und des wirklich heftigen Windes an diesem Tag habe ich dankend verzichtet und die Wartezeit mit Schokokeksen und dem just im Souvenir-Shop erworbenen Diamond-Jubilee-Sonderheft mit höchst wertvollen biographischen Details über die Queen sehr angenehm überbrückt. 

(Fortsetzung folgt.)