Mittwoch, 19. November 2014

Das Schaf muss zum TÜV

Die Eifel gilt gemeinhin als wilder, unzugänglicher Landstrich mit eigensinnigen Eingeborenen, die seltsame Sitten pflegen. Insofern löste es im Dorf meiner Eltern nur mäßiges Erstaunen aus, als sich einer der Bewohner allerlei merkwürdiges Viehzeug zulegte, unter anderem auch einen höchst exotischen Vertreter der Gattung Ovis: ein Kamerunschaf.


Das Schaf wohnt in Hof und Garten, hält den Rasen kurz und vertrieb sich bisher gerne die Zeit damit, die Klappe des am Hoftor angebrachten Briefkastens mit einem seiner Hörner aufzustoßen und dann mit Kawumm wieder zuzuschlagen, und das ungefähr fünfzehnmal hintereinander. Die Nachbarschaft nahm es gelassen, und das Schaf fing darob offenbar an, sich zu langweilen. Etwas Neues musste her.
Seit einigen Wochen nun ist es so, dass die Schafbesitzerfamilie unmittelbar an den Hecks ihrer im Hof geparkten Autos mit großer Sorgfalt Gartenstühle aufstellt, und zwar direkt vors Nummernschild. Die nahe und fernere Nachbarschaft (darunter auch mein Vater) konnte sich darauf keinen Reim machen und zog mit landesüblicher Direktheit beim Besitzer Erkundigungen ein: "Hür ens! Wat soll dat dann met denne Stöhl?!"*



Des Rätsels Lösung: Das Kamerunschaf hatte eine Leidenschaft für den Klebstoff entwickelt, mit dem die TÜV-Plaketten aufs Nummernschild gepappt werden. Das Vieh schleckte so lange an den Plaketten herum, bis sie ab waren und fraß sie dann auf. Nach der zweiten gebührenpflichtigen Erneuerung der TÜV-Plaketten an drei Autos sowie den notwendigen, sowohl Unglauben als auch Heiterkeit auslösenden Erklärungen auf der Zulassungsstelle, entschloss sich der Besitzer zu den Sicherungsmaßnahmen per Gartenstuhl.
Ob nächsten Sommer die Familie auf den Gartenstühlen über den Hof verteilt sitzen wird, in trauter Eintracht mit ihrem jeweiligen fahrbaren Untersatz, wird in der Nachbarschaft mit Spannung erwartet.


*Hör mal! Was soll denn das mit den Stühlen?!

Freitag, 7. November 2014

Das Gewicht von Akustik

Der Stammtisch tagte und Familie S. berichtete von der soeben überstandenen Renovierung ihres Wohnzimmers.

Herr F.S. beschäftigt sich beruflich mit Raumakustik und Beschallung. Wenn Sie beispielsweise eine Kirche besitzen und möchten, dass Ihre Predigten auch an der letzten Säule hinten links vor dem Treppenabgang zur Krypta noch gut zu verstehen sind, dann können Sie ihn engagieren, die Kirche akustisch ausmessen und Lautsprecher optimal verteilt und ausgerichtet anbringen lassen.

Da sein Beruf auch das Hobby des F.S. ist, wanderte das Gespräch von der eigentlichen Renovierungsaktion schnell zu ihren Auswirkungen auf die Raumakustik. Insbesondere, wie sich diese verändert, sobald das große Bücherregal leergeräumt ist. Und wie sie sich dann wieder verändert, wenn das Regal wieder eingeräumt ist bei womöglich anderer Anordnung der Bücher.

Herr F.S. war der Ansicht, dass so ein Bücherregal sehr positiv zu einer angenehmen Raumakustik beiträgt, allerdings, meinte er, wäre das ja ein recht teures Verfahren, deshalb all diese Bücher anschaffen zu müssen. Den Hinweis, dass Bücher auch noch einem anderen Zweck dienen, dass man z.B. diese kleinen schwarzen Dinger da drin, man nennt sie Buchstaben, auch lesen kann, wollte er erst nicht gelten lassen.

Dann aber kam die Vorliebe des F.S. für originelle wissenschaftliche Untersuchungen zum Tragen (man erinnere sich an die Butter auf der Flucht oder die  Ohrenatmung), und er überlegte, wie eine Versuchsanordnung aussehen könnte, mit der man die Auswirkungen unterschiedlich gewichtiger Literatur auf die Akustik messen kann. Mit Gewicht waren allerdings nicht die Kilogramm der Bücher gemeint, sondern die Bedeutungsschwere des Inhalts.

Oder: klingt Konsalik raumakustisch anders als Shakespeare?