Freitag, 26. April 2013

Fliehende Butterpäckchen

Der Kühlschrank, die unbekannte Höhle.
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Jedenfalls, wenn man den Klagen des weiblichen Teils der Stammtischbelegschaft lauscht. Offenbar sind alle zugehörigen Ehemänner unfähig, im Kühlschrank irgendetwas zu finden, auch wenn es seit etlichen Jahren dort einen Stammplatz hat. Jede Frau konnte mehrere Beispiele aus dem Ärmel schütteln.
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Die Männer hörten sich das an und versuchten, schuldbewußte Gesichter zu machen. Herr F.S. ging schließlich zum Gegenangriff über und meinte, der durchschnittliche Familienkühlschrank sei aber auch so voll, dass es schwer sei, irgendetwas darin zu finden. Dieses Argument ist aber nicht schlüssig, wenn beispielsweise die Butter immer am selben Platz liegt, seit 20 Jahren schon. Herr F.S. vertrat die Theorie, dass er alles wahrnimmt, was so im Kühlschrank herumliegt, nur um den gesuchten Artikel gebe es so eine Art schwarzes Loch, und deswegen sähe er die Butter nicht. Ich konterte, dann müsse er ja nur in den Kühlschrank blicken, aus dem Augenwinkel das schwarze Loch lokalisieren und dann dort hingreifen.
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"Papperlapapp!" bekam ich zu hören. Früher, also: ganz früher, als Mann das Essen noch persönlich jagte, sei sowieso alles besser gewesen. Vor meinem inneren Auge erschienen galoppierende Butterpäckchen, rudelweise in den Sonnenuntergang fliehend. Aber Herr F.S. hatte die Zeiten gemeint, als man sich unauffällig an Mammuts anschleichen musste, um sie heimlich zu melken, um sodann aus Mammutmilch Mammutbutter herstellen zu können. Nun ist Herr F.S. zwar der Älteste in der Stammtischrunde, aber ich bezweifle doch ein klein wenig, dass er jemals an einer Mammutjagd teilgenommen hat.
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Frau B.S. (die leidgeprüfte Ehefrau des F.S.) brachte die Diskussion zurück in pragmatischere Bahnen mit dem Vorschlag, künftig Kühlschränke herzustellen, die nur etwa 20 cm tief sind, dafür aber zwei Meter breit. Das sei übersichtlicher, auch wenn man dann suchende Blicke hin und her schweifen lassen müsse. Herr F.S. schielte über seine Lesebrille und plädierte für einen zwanzig Meter tiefen Kühlschrank, er jedenfalls könne dann ohne Brille gut erkennen, was ganz hinten liegt. Aber: die Butter gleich vornean würde er dann ja wieder übersehen!
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Als erfahrener Ingenieur hatte Herr F.S. aber schließlich die optimale Lösung: ein Kühlschrank mit Ausgabeschacht und angeschlossenem Computer, so wie die modernen Apotheken heutzutage. Man tippt den Namen des gewünschten Artikels ein, es surrt, klappert, macht "klonk" und das Benötigte fällt aus dem Ausgabeschacht. Schinken zum Beispiel. 
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Allein Herr V.E., der die Debatte bisher schweigend verfolgt hatte, war auch damit noch nicht zufrieden. Es sei doch viel zu kompliziert für einen Kerl, ein so langes Wort wie "S-C-H-I-N-K-E-N" einzutippen. "Das", sagte er, "macht dann meine Frau".