Mittwoch, 27. Juni 2012

Walking in the Rain (Day Six)

Unsere Urlaubsplanung hatte für diesen Morgen eine Wanderung vorgesehen. Leider hat Petrus den Plan wohl nicht gelesen, jedenfalls regnete es mal wieder. Davon ließen wir uns zunächst nicht abschrecken und starteten Richtung New Forest, der zwar "neu" heißt, aber auch schon beinahe 1000 Jahre alt und seit einigen Jahren Nationalpark ist.

Im Informationszentrum versorgten wir uns mit einer genauen Routenbeschreibung und wählten aufgrund des stärker werdenden Regens dann doch eine relativ kurze Strecke.


Schon auf diesen kleinen Drei-Meilen-Rundgang hat man gesehen, wie schön die Gegend ist. Leider war sie aber auch furchtbar nass; nachdem wir eine Feuchtwiese überquert hatten, war dann eigentlich alles egal, weil Füße, Schuhe und Hose-bis-zum-Knie so nass waren, als hätte man sich damit unter die Dusche gestellt. Entschädigt wurden wir aber durch das Auftauchen einer Herde der wilden Ponys, die im New Forest leben, und die - uns ostentativ ignorierend - dicht an uns vorbeitrabten.


In der Mitte des Rundwegs kamen wir noch zu einer Hütte des Britischen Vogelschutzbunds, wo zwei unverdrossene Freiwillige auf Besucher warteten und sich freuten, einen Schwatz zu halten und auf einheimische Vogelarten hinzuweisen. Sie hatten sogar Listen mit häufig vorkommenden Vögeln, deren Namen in fünf oder sechs europäischen Sprachen nebeneinander standen, damit man auch wusste, worüber man sprach. Wer weiß denn auch auf Anhieb, was Kiebitz, Rohrdommel oder Blaumeise auf Englisch heißen?

Nachdem wir erzählt hatten, dass zu Hause im hessischen Ried öfter Störche zu sehen sind und es sogar eine sogenannte "Storchencam" gibt, so dass man via Internet den Störchen ins Nest gucken kann, durften wir durch ein Fernrohr gucken, das auf ein Turmfalkennest ausgerichtet war und den kleinen Falken ein wenig zusehen.

Nach diesem trockenen Intermezzo stürzten wir uns wieder in den Wasservorhang und kamen so ziemlich durchweicht am Auto an. Erst mal die Heizung auf volle Pulle! Am siebten Juni, wohlgemerkt.

Die Weiterfahrt barg ungeahnte Gefahren - im New Forest gibt es nämlich auch freilaufende Kühe, und so stand plötzlich eine Rinderherde auf und neben der Straße herum. Den Viechern sollte man besser Vorfahrt gewähren.


Die nassen Füße weiter ignorierend begaben wir uns zum nächsten Programmpunkt: Clouds Hill, das winzige Häuschen von T.E. Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien. Herr Dinktoc hat der Bahnstrecke, die der berühmte Lawrence anno 1917 höchstselbst in die Luft gesprengt hatte, schon persönlich einen Besuch abgestattet, hatte schon einiges über T.E. gelesen und musste sich jetzt natürlich alles ganz genau ansehen.


Das Anwesen ist wirklich einen Besuch wert. Das Haus ist sehr klein, ein Schlafzimmer und Bad im Erdgeschoß, ein Wohnraum und eine sehr primitive Küche, die gleichzeitig als Gästezimmer diente, im 1. Stock, und das war's. In der Garage, in der Lawrence sein geliebtes Motorrad untergebracht hatte, gibt es eine kleine informative Ausstellung über sein Leben. Die Freiwilligen des National Trust vor Ort sind freundlich, gesprächig und jederzeit bereit, alle möglichen Anekdoten aus Lawrence's Leben zu erzählen und dabei von Hölzchen auf Stöckchen auf Baumstamm zu kommen. Auf diese Weise kann man leicht gemütlich zwei Stündchen verplaudern, während der Regen unablässig aufs Dach trommelte.

Bei der Fahrt über Land an diesem Tag fiel uns noch die ein oder andere Merkwürdigkeit auf: zum Beispiel gibt es in England offensichtlich keine freilaufenden Hühner. Hier - ein zoologisches Wunder - sind die Eier freihändig unterwegs. An beinahe jeder Farm fand sich ein Schild "free range eggs". Außerdem amüsierten wir uns über die folgende Prioritätensetzung:



Das Schild hängt in Wherwell, nicht weit von dem Gasthaus, in dem wir wohnten. Es war tatsächlich so, dass wir in diesem Dorf mehr Pferde als Kinder zu Gesicht bekommen haben.

Nach diesem Tag war die heiße Dusche wohlverdient - alles in allem schon fast eine Kneipp-Kur -  und das Abendessen auch, für Herrn Dinktoc mit Cider, der englischen Variante des hessischen Ebbelwoi (und genauso ... äh ... wohlschmeckend).


Vorneweg gab es eine leckere, superfrisch-fruchtige, glühend heiße Tomatensuppe mit viel Thymian, genau das Richtige zum Aufwärmen; kredenzt von einem derart gutaussehenden Kellner, dass ich ihn mir man ihn sich  am liebsten zum Nachtisch hätte servieren lassen. Herr Dinktoc hatte für diesen Spezialwunsch bedauerlicherweise kein Verständnis, und so blieb es bei zwei Gängen.

(Fortsetzung folgt.)

3 Kommentare:

  1. Ich sehe, dass Herr Dinktoc bereits mit der Annektierung eingeborener Nahrungsmittel begonnen hat. Bangers and Mash, wenn ich mich nicht irre?

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    1. Rischtisch, jede Menge Gravy nicht zu vergessen und sogar mit walisischer Komponente, mit Lauch in der Bratwurst.

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