Freitag, 16. November 2012

Weltrettung. Mal wieder.

Herr Dinktoc und ich arbeiten in der gleichen Firma. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass ich meist weiß, was Herr D. treibt, wenn er mal wieder in der Weltgeschichte unterwegs ist. Der Nachteil ist, dass die Kollegen wissen, dass ich das weiß, und bei mir anrufen, wenn sie dringend was von Herrn D. wollen.

Gestern also meldete sich eines unserer Büros in Balkanistan: der Kunde benötige allerdringendst die Unterschrift Herrn Dinktocs auf einem superwichtigen Dokument. Und niemand anderer kann unterschreiben, weil Herr D. der von Kunde, Geldgeber und vermutlich auch vom lieben Gott persönlich anerkannte und bestätigte Spezialexperte in diesem Projekt ist. Und es wird selbstverständlich die Originalunterschrift benötigt. Leider befindet sich aber Herr D. noch auf Dienstreise im Vorderen Orient und kommt erst heute am späten Abend nach Hause. Darob ward beim Kunden ein Heulen und Zähneknirschen und der baldige Untergang des Projekts prophezeit. Was also tun? 

Zum Glück gehört Weltrettung zu meinen Kernkompetenzen. Es fiel mir wieder ein, dass ein Kollege vom Balkanistaner Büro zur Zeit auf einer Schulung ist und Samstag, also morgen, von Frankfurt zurück nach Balkanistan fliegen würde. Er wurde kontaktiert und eine Übergabe am Frankfurter Flughafen vereinbart.

Der Kunde wurde genötigt, mir die zu unterschreibenden Dokumente per E-mail zu schicken, auf dass ich sie hier im Büro ausdrucke und sodann nachher mit nach Hause nehme. Außerdem, nach telefonischer Konsultation mit Herrn Dinktoc über den Aufbewahrungsort, begab ich mich in sein Büro, um die Insignien seiner Herrlichkeit und seines Spezialistentums aus der Schreibtischschublade zu entnehmen: die Stempel. Ohne die richtigen Stempel (3 Stück! Drei!) gelten auch die speziellsten Spezialexpertenunterschriften nichts.

Auch die Stempel werde ich mit nach Hause nehmen, auf dass Herr Dinktoc am frühen Samstagmorgen in hoffentlich ausgeschlafenem Zustand die allerhöchstwichtigen Dokumente unterschreiben und stempeln kann.  Samstagnachmittag fahren wir dann die 20 km zum Flughafen, um dem Kollegen die Unterlagen in die Hand zu drücken, damit der Kunde sie schließlich Samstagabend in Balkanistan auf dem Tisch hat.

Unternehmen Weltrettung mal wieder erfolgreich bewältigt. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss mich kratzen gehen: die Engelsflügelansatzstellen jucken nämlich.
  

5 Kommentare:

  1. "Zum Glück gehört Weltrettung zu meinen Kernkompetenzen." made my day! :-D

    Im übrigen sind Stempel wiiiiiiiichtiiiiiiich! Vor allem in ehemaligen Ostblockstaaten (wohin ich Balkanistan mal verorten würde). Ich hatte mal mit Rumänien zu tun (Bauprojekt eines Mandanten). Die Kollegen dort freuten sich immer über die tollen und sogar pünktlich eingegangenen Unterschriften des Mandanten und bemängelten stets, daß aber doch der (besser noch: die) Stempel fehle(n).

    Gegen juckende Engelsflügelansatzstellen empfehle ich übrigens ein wenig Füße küssen lassen, das sollte zumindest kurzfristig helfen.

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    1. Hervorragende Idee! Gleich Montagmorgen lasse ich alle Kollegen antreten zum Füße küssen ("zu Poden, Pursche!"). Ha!

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    2. Vielleicht solltest Du noch bis nach Weihnachten warten. Dann sind sie zumindest zum zweiten Mal (nach Ostern) dieses Jahr gewaschen. Oder nutzt Du mittlerweile Engelswasser statt gewöhnlichem Leitungswasser? Dann wäre natürlich auch mit einmal Waschen pro Jahr alles in Ordnung. Engelswasser ist im übrigen auch ein guter Schmierstoff für die Flügelansatzstellen. Ich weiß das aus Erfahrung. *unschuldig guck*

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  2. Nachtrag: vor einer halben Stunde - am Samstagmorgen! - fiel dem Kunden ein, dass er übrigens die Dokumente in je vierfacher Ausfertigung benötigt. Herr Dinktoc ist gerade unterwegs zur Gemeindebücherei, da gibt es einen Kopierer. Weil nämlich: unser Drucker ist kaputt. Aber das konnte ja der Kunde nicht wissen.

    Der Kollege aus Balkanistan, der die Botschaft vorhin überbrachte, versprach Herrn Dinktoc für seinen nächsten Besuch in B. ein Freibier. Herr D. allerdings meint, soviel Bier, wie er eigentlich verdient habe, könne er in einer Woche gar nicht saufen.

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  3. Halleluja, die wichtigen Dokumente habe ich gestempelt und auch unterschrieben. Jetzt können alle wieder beruhigt weiter Wind machen.

    Die Welt wird wohl nicht untergehen, jedenfalls nicht vor Dezember, falls der Maya Kalender doch stimmt. Aber dann wäre das sowieso egal...

    Rechnung folgt ...

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