Herr Dinktoc ist wieder auf Dienstreise in Arabistan unterwegs und hatte vergangenen Donnerstag das Pech, dass sein Mietwagen aufgebrochen und aus dem Kofferraum der Laptop gestohlen wurde. Im folgenden blogge ich hier seinen (leicht redigierten, weil anonymisierten) Originalbericht:
Der Gang zur Polizei war etwas kompliziert. Wie man sich den Gang zur Amtstube so gerne vorstellen mag. Auf Arabisch. Habibi ohne Bakschisch. Aber dafür mit Analog-Notebook und -Datenbank Schreibblock und Kugelschreiber. Also ....
Am Donnerstag war man ja nicht in der Lage gewesen, mir einen Polizeibericht zur Diebstahlsanzeige mitzugeben. Musste Samstag morgen erst versuchen, bei meinem Kunden jemanden zu finden, der mich dorthin begleitet und für mich dolmetscht. Der war nicht so leicht zu finden, weil man mit der Polizei möglichst nichts zu tun haben will und mein Counterpart sich mit der irren Begründung aus der Affäre zog, man habe ja die eigene Bahnpolizei und dürfe deshalb nicht mit der normalen Polizei reden. Ah jetzt ja.
Ich musste den Kollegen W.S. aktivieren, der wiederum einen guten Draht zum Direktor Maintenance hat. Dort musste ich dann auch selbst nochmal antreten und meine Bitte vortragen. Er war da aber offen und hilfsbereit und schickte einen seiner Mitarbeiter mit, der a) etwas Englisch kann, und sich b) in K. (wo der Autoaufbruch passiert war) auskennt. Englisch konnte er wirklich nur etwas, aber mit meinen paar Brocken Arabisch und Französisch haben wir uns gut verständigen können.
Zur Polizeiwache lotste er mich dann auch recht schnell und ohne Umweg. Dort ging es dann ins Gefecht, durch alle Instanzen einer Behörde:
Erstes Büro
Was wollen Sie? - Den Polizeibericht.
Zweites Büro
Junger Polizeibeamter sprach: "Ich soll einen Bericht haben?" Schaun mer mal in der Analog-Berichtsdatenbank, die sich über mehrere mannshohe Stapel seines Schreibtischs verteilte. Aber er war ein guter File Manager, fand die Akte "Almani Computer geklaut" recht schnell und zwar ohne die Stapel einstuerzen zu lassen. Ich war beeindruckt, dann aber erklärte er sich für weiter nicht zuständig.
Drittes Büro
Wir kommen mit der Akte herein. Ein älterer Beamter. Nach einiger Diskussion hat der sich dann entschlossen, das Berichtsformblatt zur Anzeige auszufüllen, was auch etwas dauerte, ich glaube zwei Tassen Tee waren es, die er dabei trinken musste. Es ist ja ganz schön frisch geworden hierzulande - nur noch 25 Grad. Da friert man im Büro.
Viertes Büro
Beim Grossen Chef der Polizeistation. Der war gerade beschäftigt, weil der Schneider seine Uniformhose am Nähen war. Ich vermute, der Chef saß nur mit Unterbux hinter seinem Chefpult. Brauchte auch einen Tee, um seine Unterschrift zu stempeln.
Fünftes Büro
Die Registratur. Der Bericht musste ja noch ins Ausgangsbuch eingetragen werden.
Sechstes Büro
Ein teetrinkender Beamter musste noch seinen Ausgangsstempel auf den Bericht draufmachen.
Siebtes Büro
Ein Ermittlungsbeamter verkündete, bei mir "heute noch" anzurufen, wenn mein Rechner wieder aufgetaucht ist.
Achtes Büro
Da mussten wir dann doch nicht mehr rein und konnten gehen.
Jetzt habe ich mal hautnah erlebt, was das schöne Sprichwort "Abwarten und Teetrinken" in Arabistan bedeuten kann. Alles in allem hat es gut zwei Stunden Zeit gekostet, um einen arabischen Bericht auf einer DIN A4 Seite mit Stempel und Unterschrift zu bekommen. So gehen Samstage auch rum. Hamdulillah.
Tamam
AntwortenLöschenUnd immer "shweiah, shweiah..."
AntwortenLöschenIn maghrebinischen Behörden (Tunesien, Algerien) fiel mir auf, dass zum Zusammenheften von Akten keine Büroklammern oder Heftklammern verwendet werden, sondern Stecknadeln. Was mich erstaunte.
AntwortenLöschenWenn der Schneider die Hose fertig genäht hat, tritt er vermutlich seinen Zweitjob als Aktenzusammenhefter an (obwohl obige Geschichte nicht im Maghreb spielt, aber solche originelle Ideen kann man ja auch exportieren).
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