Freitag, 28. Juli 2017

Über Höflichkeit

Der Leiter unserer hiesigen Niederlassung, ein Brite, der seit fast 20 Jahren in Asien lebt, war gerade zwei Wochen auf Heimaturlaub, kam zurück und sagte als erstes, die Leute in England seien so mürrisch, er sei froh, wieder hier zu sein.
x
Das fällt in Singapur sehr schnell auf: die Freundlichkeit und Höflichkeit der Leute. Bei aller Geschäftigkeit, und in Singapur wird wirklich nicht wenig gearbeitet, nimmt man sich die Zeit, der Kundschaft mit mehr als professioneller Höflichkeit zu begegnen.
s
Es ist ein wahres Entschleunigungsprogramm.
y
Visitenkarten werden mit beiden Händen überreicht, aus Respekt vor dem Gegenüber. Eine erhaltene Visitenkarte steckt man nicht achtlos ein, sondern legt sie sorgfältig vor sich auf den Tisch.
y
Auch Geldscheine, Quittungen, Kinokarten werden mit beiden Händen überreicht, gerne noch zusätzlich mit einer angedeuteten Verbeugung. Ist die Verwendung beider Hände nicht möglich, weil man z.B. noch etwas in der anderen Hand hält, übergibt man den Gegenstand mit der rechten Hand und legt dabei die linke auf den rechten Unterarm, um die Beidhändigkeit anzudeuten. Am Anfang erscheint das umständlich, aber inzwischen bin ich sechs Wochen hier und mache das völlig selbstverständlich.
c


Security-Personal erklärt ungefragt und geduldig, warum an der U-Bahn eine Absperrung steht und man heute einen kleinen Umweg laufen muss. Die Putzfrau im Büro strahlt jeden Morgen fröhlich alle an, wenn sie die Papierkörbe einsammelt. Die Kellnerin beim Stamm-Chinesen lächelt schon von weitem und rückt die Hocker am Lieblingstisch zurecht. Es ließe sich beliebig fortsetzen.
k
Vorgestern war ich im Stadion, ein Fußballspiel angucken. Ich verließ die Veranstaltung etwas früher, um der großen Menschenmenge zu entgehen.  Am Ausgang standen zwei Sicherheitsleute, ein Mann, eine Frau, und unterhielten sich. In Deutschland hätten sie in ähnlicher Situation wohl nicht weiter auf mich geachtet und ich auch nicht auf sie. Ich war in Gedanken bei meinem Einkaufszettel, wollte auf dem Heimweg noch Brot kaufen und steuerte im gewohnt eiligen Schritt auf die Schleuse am Ausgang zu. Und dann wurde ich runtergebremst - die beiden unterbrachen ihr Gespräch, die Frau sagte: Wir hoffen, die Veranstaltung hat Ihnen gefallen, hoffentlich kommen Sie wieder; der Mann fügte hinzu: Schön, dass Sie da waren, kommen Sie gut nach Hause. Da hält man dann eine Minute inne und erwidert einen Dank für den guten Service.
f
Es kostet so wenig - eher im Gegenteil, man bekommt etwas: man geht mit einem Lächeln weiter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen